Was ist unsere Aufgabe als Elternteil/ Erwachsener im Umgang mit dem Mutismus?
Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass das Schweigen ebenfalls eine Art der Kommunikation ist.
Sogar eine extrem starke. Auf diese Art und Weise teilen die Kinder uns non verbal so viel Mit. Ihre Ängste, Unsicherheiten, ihre Fragen an uns als Erwachsene, das Unverständnis über die Dinge und wie sie in unserer Welt „zu laufen haben“. Wer genau in die Stille hineinhorcht, der wird so viel wahrnehmen und verstehen. So viel was gesagt werden möchte aber nicht für das menschliche Gehör hörbar wird. Es ist vielmehr so, dass durch die Stille sich eine unglaubliche Lautstärke aufbaut. Denn gerade die Stille kann sehr Laut und erdrückend werden.
Wenn wir Erwachsenen mit aller Kraft versuchen, diese Stille zu durchbrechen, wird automatisch Druck aufgebaut. Ob wir das möchten oder nicht. Druck, dem die Kinder nicht stand halten können. Und dieses nicht stand halten kann sich auf unterschiedliche Art und Weise äußern. Manche Kinder reagierten mit noch stärkerem Rückzug. Andere Kinder äußern ihren Unmut durch Wutausbrüche und evtl. sogar (Auto)Agressives Verhalten.
Wir stehen meist im außen und haben keinen Zugang, woher diese Wut, Trauer, Angst kommt und wollen so sehr verstehen. Etwas verstehen, was uns schwer fällt. Weil wir selbst so laut sind. Weil wir nicht in die Stille hineinhorchen wollen, wir wollen viel lieber die Kinder in unsere laute Welt hineinziehen. Aber Druck erzeugt immer Gegendruck. Und so wird von „Fachleuten“ oft fälschlicher Weise behauptet, die mutistischen Kinder seien berechnend und manipulativ. Woher diese Annahmen kommen, möchte ich mir nicht mal ausmalen. Denn für mich klingt es nur danach, dass dort verletzte innere Kinder kommunizieren. Aber in keinem Fall Fachpersonal, was auf irgend einer Art und Weise verstanden hat, was für Prozesse in den Kindern laufen. Meist sind die Kinder in einer Art Überlebensmodus. Sie versuchen Strategien zu entwickeln und zu finden, mit denen der Schmerz, das Unverständnis und all die anderen Emotionen die sich im inneren abspielen, irgendwie erträglich werden.
Das Außen urteilt dann vorschnell und dichtet den Kindern niedere Beweggründe an.
All das fühlt sich für mich vollkommen falsch an. Und vielleicht ist es eine Möglichkeit, wenn auch vielleicht nicht die übliche, ebenfalls in die Stille abzutauchen. Als Erwachsener selbst in die Stille zu gehen. Diesen Raum zu öffnen und selbst zu betreten um wahrzunehmen, was es dort zu entdecken gibt, welche neuen Erkenntnisse kommen dürfen. Was bisher „ungesagt“ blieb. Was wirklich gesagt werden muss und was vielleicht einfach durchfühlt werden kann und darf.
Daher möchte ich dich heute einladen dich in deinen eigenen Raum der Stille zurückzuziehen. Dir selbst die Zeit und die Möglichkeit zu schenken Stille einmal auf eine andere Art und Weise zu erfahren. Ohne Wertung. Ohne Verurteilung. Ohne Scham. Ohne Druck. Einfach sein.
Finde einen ruhigen Ort
Suche dir einen Ort, an dem du für ein paar Minuten ungestört bist. Das kann ein ruhiges Zimmer, ein Platz in der Natur oder einfach eine Ecke in deinem Zuhause sein.
Setze oder lege dich bequem hin
Du kannst dich auf einen Stuhl setzen, mit den Füßen flach auf dem Boden, oder dich bequem hinlegen. Wichtig ist, dass du dich wohlfühlst und deinen Körper nicht anspannen musst.
Schließe die Augen
Schließe sanft die Augen und atme tief durch die Nase ein und langsam durch den Mund aus. Wiederhole dies ein paar Mal, um ganz im Moment anzukommen.
Konzentriere dich auf deinen Atem
Richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Beobachte, wie die Luft in deinen Körper strömt und ihn wieder verlässt, ohne sie zu verändern. Der Atem fließt von selbst – lass ihn einfach geschehen.
Lass Gedanken vorbeiziehen
Gedanken werden kommen, und das ist ganz normal. Stelle dir vor, dass sie wie Wolken am Himmel vorbeiziehen. Nimm sie wahr, ohne an ihnen festzuhalten, und lenke deine Aufmerksamkeit immer wieder sanft zum Atem zurück.
Bleibe in der Stille
Genieße für ein paar Minuten einfach das Gefühl der Stille. Es muss nichts passieren – es reicht, einfach nur da zu sein. Wenn dein Geist abschweift, bring ihn freundlich wieder zurück zum Atem oder zur Körperwahrnehmung.
Diese einfache Übung kann dir helfen, immer wieder kleine Oasen der Stille in deinen Alltag zu integrieren und neue Kraft zu tanken – für dich selbst und für dein Kind.
Ich wünsche dir viel Freude und neue Erkenntnisse für dieses Experiment und wünsche mir sehr, dass du dich darauf einlassen kannst.
Teile gerne deine Erfahrungen in den Kommentaren. Ich freu mich drauf!
Deine Sabrina